"Da kriege ich heute noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke", sagt Brigitte Rottberg, als wir sie auf die Weltmeisterschaft 2006 in Kaiserslautern ansprechen, bei der sie mit für die Organisation und Sicherheit zuständig war. Jetzt hat sie diese Aufgabe auch bei der Europameisterschaft für die Stadt München übernommen. Wir haben mit ihr darüber gesprochen und auch einen Blick zurück in die Vergangenheit geworfen.
SWR Aktuell: Frau Rottberg, Sie kommen aus Kaiserslautern, sind hier sogar geboren. Aktuell sind sie aber aus beruflichen Gründen in München und mit für die Organisation der Fußball-Europameisterschaft verantwortlich. Was machen sie denn genau?
Brigitte Rottberg: Einen schönen guten Tag aus München nach Kaiserslautern, in meine Heimat. Ich arbeite hier für die gastgebende Stadt, die Host City München als Leiterin des Host City Operation Center, dem HCOC und unterstütze dort mit vielen Kolleginnen und Kollegen das Thema Sicherheit und die Mobilitätsplanung für die Fußball-Euro für die sechs Spieltage hier in München.
SWR Aktuell: Das stelle ich mir spannend, aber auch nicht ganz einfach vor...
Rottberg: Es sind sehr viele Partner, mit denen wir seit 2022 die Sicherheit und Mobilität für die Europameisterschaft in München planen. Welche Fans kommen von wo? Das steht seit dem Dezember letzten Jahres fest, also welche vier Spiele von welchen Nationen in München gespielt werden. Und jetzt steht ja auch fest, dass Rumänien und die Niederlande zu uns zum Achtelfinale kommen. Da gibt es viel zu planen und zu tun.
SWR Aktuell: Wie läuft es denn bis jetzt?
Rottberg: Wir haben eine wirklich gute Zeit in München erlebt. Wir sind auch an den Spieltagen selbst von schweren Gewittern und Unwettern verschont geblieben, anders als andere Städte. Das hat man ja gesehen. Also rein für unsere Veranstaltung im Freien läuft es sehr gut. Aber auch, was unsere Fans betrifft. Wir hatten natürlich das Eröffnungsspiel mit den Schotten - das war fantastisch. Die Schotten sind unheimlich gut gelaunt, sehr trinkfest. Das sind für uns schon große Herausforderungen, die alle auch zeitgerecht zum Stadion zu bringen. Und aus dem Stadion oder aus den Biergärten.
Oder am Spieltag mit den Dänen zum Beispiel. Da war auch einfach nur eine ganz tolle Stimmung in der Stadt. Aber natürlich gibt es auch manche Fans von Nationen, die dann auch den Sicherheitsapparat, die Polizei, sehr beschäftigen.
SWR Aktuell: 2006 waren sie auch in ihrer Heimatstadt bei etwas ganz Großem dabei: der Fußball-Weltmeisterschaft. Hatten Sie damals die gleiche Aufgabe wie jetzt in München?
Rottberg: Ja, 2006 durfte ich vier Jahre für das WM-Büro der Stadt arbeiten. Meine Zuständigkeit war damals auch schon Organisation und Logistik, aber auch die Fanmeile, die Volunteers und wir haben an dem Sommermärchen 2006 als kleinste WM Stadt ja auch unseren Beitrag gehabt.
Damals hieß das Motto für Kaiserslautern: Wer uns findet, findet uns gut. Wohlwissend, dass wir mit Abstand die kleinste Stadt waren. Ja, und die 18 Jahre sind schon auch an der Sicherheitsplanung nicht spurlos vorübergegangen. Wir haben heute eine abstrakt hohe Gefährdungslage. Wir haben das Thema Cybercrime. Das hatten wir 2006 eben gar nicht in diesem Maße.
Da gab es noch sogenannte Hard-Tickets - also Tickets aus Papier. Heute in der Digitalisierung ist das Problem mit gefälschten Tickets kleiner geworden. Über eine sogenannte Heat-Map können wir sehen, wie viele Fans sich mit ihren Tickets an den jeweiligen Eingängen treffen. Das heißt, wir können über die Digitalisierung einfach auch Besucherströme besser nachverfolgen.
SWR Aktuell: Ich weiß noch, als ich während der WM 2006 aus der Tür raus bin, da hatte ich einfach ein tolles Gefühl. Als beispielsweise die Australier bei uns zu Gast waren und bei uns einen riesigen Spaß hatten. Ging es Ihnen da ähnlich oder waren sie beruflich zu sehr beschäftigt, um die WM im eigenen Land intensiv zu erleben?
Rottberg: Mir ging es genauso. Ich sehe noch die Menschen, die die aufblasbaren Kängurus unterm Arm hatten, diese Freundlichkeit, diese Offenheit vor mir. Diese Freude, das gemeinsame Feiern, da kriege ich heute noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Unsere WM mit den wunderbaren Zelten, die ganze Eisenbahnstraße entlang, unsere Fahnen mit den Points, unsere Leinwände, das war schon eine ganz besondere Zeit. Wir hatten vier Wochen Aufbau, vier Wochen WM und dann noch mal zwei Wochen Abbau.
Wir waren also rund um die Uhr zehn Wochen lang im Einsatz. Und das ist ein Gefühl, was ich jetzt aber auch hier in München wieder merke. Und wenn du dich einmal mit diesem Gefühl verbunden hast und mit den Fans schnell ins Gespräch kommst - man hat sofort ein gemeinsames Thema - das ist schon etwas, was mir wahnsinnig Freude macht, dass ich gestalten darf, dass ich daran teilhaben darf.
SWR Aktuell: Hatten Sie mit der WM 2006 damals Ihre Karriere als Event-Managerin begonnen?
Rottberg: Meine erste Großveranstaltung fand tatsächlich schon 1994 statt, da merkt man mal, wie alt ich bin. Das war in Hamburg auf der Hamburger Messe mit einem großen deutschen Turnfest.
Und dieses große Deutsche Turnfest mit einer halben Million Besuchern, das macht schon was mit einem. Dann hast du dann einfach mal unter anderem 50 Klohäuschen organisiert und etliche Bühnen. Und nach dem Katholikentag 2000 in Hamburg bin ich auch wieder zurück in meine Heimatstadt gekommen und habe in Kaiserslautern dann eben als einer der wenigen wirklich auch diese Großveranstaltung-Erfahrung gehabt und konnte die dann eben vom Klohäuschen über die Bühnen bis zu den Volunteers, also den ehrenamtlichen Helfern, an der Stelle auch einbringen.
SWR Aktuell: Dann waren Sie auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika 2010 dabei, haben 2011 den Papst-Besuch in Erfurt und den Tag der Deutschen Einheit in Mainz 2017 und 2022 in Erfurt mit organisiert und sicherheitstechnisch begleitet. Gibt es denn noch etwas, das sie reizt? Etwas, das Sie gerne noch machen würden?
Rottberg: Sie werden lachen: Jetzt sind die Olympischen Spiele so nah bei uns in Paris. Aber das ist einfach zu dicht am Event der Euro 2024 dran. Die Olympischen Spiele beginnen ja Ende Juli. Und da sind wir hier noch in München am Aufräumen. Aber Olympische Spiele, muss ich sagen, würden mich noch mal sehr interessieren, da die Veranstaltung in Sachen Sicherheit weiter voranzutreiben, Veranstaltungen sicher möglich zu machen, auch wenn es keine hundertprozentige Sicherheit gibt. Also da hätte ich schon noch mal Lust dran.